Quelle TA von heute:
Drogenhanf für Zürcher Brauerei
Kriminalbeamte aus dem Kanton Schwyz mussten
konfisziertes Cannabis an eine Zürcher
Brauerei abliefern - und den Brauvorgang eines Hanfbiers überwachen.
Von Peter Johannes Meier
Die Schweizer Cannabis-Politik ist um ein absurdes Kapitel reicher. Am Dienstag vermeldete die Schwyzer Kantonspolizei noch stolz einen Erfolg im Kampf gegen den illegalen Cannabisanbau. 170 Kilogramm Hanfblüten und 3745 Hanfpflanzen hatten die Beamten aus einer Indooranlage beschlagnahmt. Gegen den 47-jährigen Betreiber wird wegen Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz ermittelt.
Gestern um 11 Uhr passierte das Unglaubliche: Zwei zivile Schwyzer Kriminalpolizisten fuhren vor der Zürcher Brauerei Turbinenbräu auf, um in Kartonschachteln abgepacktes Cannabis zu liefern. Kein Industriehanf mit tiefem THC-Gehalt, sondern potentes Cannabis aus der kurz zuvor geschlossenen Indooranlage.
Bier als legales Endprodukt
Grund der skurrilen Aktion: Der Betreiber der Indooranlage machte nach der Razzia geltend, sein Cannabis für einen legalen Zweck anzubauen; für die Herstellung des Hanfbiers Lawinenbräu. Tatsächlich lässt er alle zwei Monate 4000 Liter Hanfbier in Zürich brauen. Und der Termin bei Turbinenbräu war bereits längere Zeit vereinbart. Falls nicht gebraut werden könne, würden ihm hohe Verluste entstehen, beschwerte er sich.
Der zuständige Schwyzer Untersuchungsrichter Paul Schmidig reagierte schnell. Er wies die Polizei an, die für den Sud benötigten acht Kilogramm Cannabis-blüten nach Zürich zu liefern.
«Wenn das Endprodukt - hier ein Bier - keinen zu hohen THC-Gehalt aufweist, ist eben auch der Anbau der Cannabispflanzen erlaubt. Selbst wenn diese den gesetzlichen Grenzwert von 3 Prozent THC überschreiten», begründet Schmidig seinen Entscheid. Glücklich ist er mit der geltenden Rechtspraxis allerdings nicht. Die gestrige Aktion bezeichnet er selber als «Kabarett».
«Wir müssen heute jedem Hanfbauern nachweisen, dass er die Pflanze auch als Droge in den Verkehr bringen will. Dass sie einen zu hohen THC-Gehalt aufweist, genügt nicht.» Aufwändigste Polizei- und Untersuchunghandlungen mit entsprechenden Kosten seien die Folge.
Pünktlich trafen die beiden Kriminalpolizisten in Zürich ein und transportierten das in Schachteln verpackte Cannabis in die Brauerei. «Eine interessante Abwechslung. Ich war noch nie beim Bierbrauen mit dabei», schmunzelte einer der Polizisten. Am Nachmittag beobachteten sie den Brauvorgang und kehrten zu Boden gefallene Blüten gleich selber zusammen - damit auch ja nichts in einer Pfeife lande.
Die ausgekochten Hanfblüten packten sie nach dem Brauen wieder ein. Ob man das noch rauchen kann, wussten sie zwar auch nicht. Sie wollen aber den THC-Gehalt analysieren lassen.
Nur ein Deckgeschäft?
Ob die Polizisten auch in zwei Monaten - dann steht der nächste Sud an - wieder nach Zürich reisen werden, ist noch offen. Der Untersuchungsrichter hofft, dass die Polizeiaktion bis dahin ausgewertet ist und er über eine Weiterführung des Verfahrens entscheiden kann. Sein Verdacht: «Nur ein geringer Teil des Cannabis wird für die legale Herstellung von Bier verwendet. 170 Kilogramm wurden Anfang Monat beschlagnahmt, 8 Kilo werden alle zwei Monate in Zürich für das Brauen gebraucht. Was aber geschieht mit dem Rest?» Zudem stelle sich die Frage, warum das Bier nicht mit viel günstigerem Indust-riehanf gebraut werde. «Die immensen Kosten für die Produktion können mit dem Bier nicht reingeholt werden», ist Schmidig überzeugt. Andere Hanfbiere werden in der Regel unter Zugabe von Essenzen aus Industriehanf gebraut. Dass Lawinenbräu geschmacklich nicht mit diesen Bieren verglichen werden könne, unterstreichen - nicht ganz überraschend - die Mitarbeiter von Turbinenbräu.
Hanfbauer Roger Beck weist den Verdacht des Untersuchungrichters jedenfalls von sich: «Wir stellen ja nicht nur Bier her, sondern auch Essenzen, zum Beispiel ätherische Öle. Auch das haben wir schon unter Polizeiaufsicht gemacht.» Und ein Teil der beschlagnahmten Pflanzen sei sowieso Abfall gewesen.
Politiker drücken sich
In einem Punkt sind sich Untersuchungsrichter und Hanfbauer einig: Die rechtliche Situation führt heute zu Verunsicherungen auf beiden Seiten.
Über die grotesken Folgen könnte man lachen, würden sie nicht Millionen von Steuerfranken verschlingen.
Wer dafür verantwortlich ist, kann relativ einfach beantwortet werden: Bundespolitiker, die sich seit Jahren um eine klare Position drücken, allen voran eine wankelmütige CVP, gefolgt von der unentschiedenen FDP. Zusammen brachten sie die Revision des Betäubungsmittelgesetzes zum Scheitern. Kürzlich gründeten sie mit SP und Grünen eine neue Arbeitsgruppe, die einmal mehr nach einem Kompromiss in der Cannabisfrage suchen will. Derweil sammelt ein Initiativkomitee Unterschriften für eine Legalisierung. «Ob striktes Verbot oder teilweise Liberalisierung: Strafverfolger wünschen sich endlich klarere gesetzliche Grundlagen», sagt dazu Untersuchungsrichter Paul Schmidig.
Sache gitz... Muhuahahahahaha
